Wir leben im Zeitalter der Kommunikation. Ein Smartphone ist das gängige Instrument, um alle Informationen zu erhalten und zu geben. Aber kann es an Bord den UKW-Funk voll und ganz ersetzen?
Mobiltelefone sind aus unserer heutigen Zeit nicht mehr wegzudenken. Und längst können die ständigen Begleiter des mobilen Menschen viel mehr als nur eine simple Telefonverbindung herzustellen. Die mittlerweile zum Alltagsbild zählenden Smartphones empfangen und senden E-Mails, SMS und MMS und sind natürlich auch internetfähig. Zahlreiche Applikationen, kurz Apps genannt, erleichtern zusätzlich das Leben der Benutzer. Auch an Bord werden die kleinen Alleskönner immer stärker genutzt, so zunehmend auch für die Navigation. Da zum Erwerb und Betrieb der Mobiltelefone lediglich ein Vertrag mit einem der zahlreichen Provider abzuschließen ist, wird sich der Siegeszug der smarten Geräte wohl fortsetzen. Da die Netzabdeckung zumindest in Europa als flächendeckend anzusehen ist, sind sie ja fast überall einsetzbar. Und doch gibt es Situationen, in denen auch das smarteste Smartphone an seine Grenzen stößt, unter anderem beim Einsatz an Bord eines Bootes. Und das dann auch ausgerechnet bei der grundlegendsten Funktion, die allen Geräten seit der ersten Generation mit auf den Weg gegeben wurde, der Telefonie.
Wieso denn das, wird sich jetzt mancher fragen. Natürlich kann ich die Passage der Loreley am schönen Rhein filmen und gleich über eines der Netzwerke ins Internet stellen. Ich kann sogar gezielt Tante Erna ein Foto des Ereignisses zukommen lassen oder einfach bei ihr anrufen. Beides gelingt aber eben nur, weil ich die Telefonnummer der lieben alten Dame parat habe. Um aber zu erfahren, was der dicke Pott jetzt vor- hat, der gerade zügig ums Betteck schwenkt, müsste ich die Telefon-nummer des Kapitäns griffbereit haben. Habe ich aber in der Regel nicht. Und kein Telefonbuch der Welt wird sie mir liefern können, weder in digitaler Form noch als Printausgabe.
In dieser Situation ist der Besitzer einer UKW-Funkanlage klar im Vorteil. Binnen sind alle Schiffsfunkstellen, Profis wie Sportbootfahrer, auf Kanal 10 hörbereit. So erfahre ich ganz nebenbei, was der Rudergänger des Frachters als Nächstes plant. Auch bei der Passage einer Flussmündung oder einer Hafenausfahrt kommt der Betreiber einer Schiffsfunkstelle frühzeitig an die Information, dass jetzt gleich ein Hindernis vor ihm aufkreuzen und welchen Kurs es anschließend einschlagen wird. Das sind schon ganz gute Argumente für die gute alte UKW-Funktechnik. Noch vorteilhafter erweist sich eine solche Anlage beim Schleusenvorgang. Natürlich ist jede Schleuse an das örtliche Telefonnetz angeschlossen und die Rufnummern auch in den meisten Revierführern verzeichnet. Doch stellen Sie sich einmal das Szenario am Kontrollstand einer Großschifffahrtsschleuse zu Hauptverkehrszeiten vor.
In Deutschland trägt die Schleusenaufsicht die Verantwortung für den reibungslosen Ablauf. Die Crew im Tower ordnet die Positionen der einzelnen Wasserfahrzeuge an und beobachtet das Geschehen in der Kammer genau. Wenn nun jeder schleusungswillige Skipper mal eben zum Mobiltelefon greift und höflich anfragt, wann man denn an der Reihe sei, kann das in der Zentrale schon einmal zu Stresssituationen führen. Ganz entspannt ist hingegen die Stimmung an Bord eines Bootes mit Funk. Bereits mehrere Kilometer vor der Schleuse weisen blaue Tafeln auf den Funkkanal hin, auf dem die Anlage ruf- und hörbereit ist. Der ist im Handumdrehen eingestellt und schon hört man, was aktuell im Gange ist. Meist reicht ein kurzer Hinweis auf das Sportboot, seine Position und die Fahrtrichtung und schon kann die Schleusencrew entsprechend koordinieren. In der Regel bekommt man gar einen Rückruf mit Angabe der möglichen Schleusenzeit. Nicht immer, wenn noch Platz in der Kammer ist, dürfen Freizeitskipper einlaufen. Besonders Gefahrguttransporte werden alleine bedient.
Als letzte Hürde muss dann noch die Zulassung als Schiffs- oder Seefunkstelle bei der Bundesnetzagentur beantragt werden. Die teilt die amtlichen Rufzeichen und Kennungen zu, die dann in die Geräte einprogrammiert werden. Zurzeit berechnet die Agentur für das Zulassungsprozedere und die Zuteilung der Rufnummern einmalig 130 Euro. Gesprächsgebühren fallen dann nicht mehr an. Spätestens wenn Sie nun auf eine Schleuse zufahren und dank des Funkverkehrs schon weit im Vorhinein wissen, was wann dort passieren wird, haben sich Aufwand und Investition gelohnt. Möchten Sie allerdings Tante Erna an Ihrem Glücksmoment teilhaben lassen, müssen Sie zum Smartphone greifen.
SMARTPHONE: Pro und Contra
Pro
Weit verbreitet
Gute Netzabdeckung
Lizenzfrei nutzbar
Contra
Verbindung Schiff-Schiff
Kommunikation mit Schleusen
Teils hohe Verbindungskosten
UKW-Funkgerät: Pro und Contra
Pro
Aktuelle Infos zum Verkehr
Gezielte Ansprache anderer Schiffe
Notruf mit exakter Positionsangabe
Contra
Funkscheine UBI und/oder SRC Pflicht
Anmeldegebühr bei der Netzagentur
Teils beschränkte Reichweite
Text: Klaus Schneiders