Wenn die Erde ihr Innerstes nach Außen kehrt, sorgt die Sonne für ein feuriges Make-Up. Sie lässt die Felsen von Leka rostrot erglimmen. Die flauschigen Wolken, die der Westwind über den gerade noch blauen Himmel gegen die steilen Inselberge treibt, leuchten ebenfalls im Widerschein dieses Farbfeuerwerks. Die Wolken werden dichter, ziehen einen grauen Vorhang vor die rote Abendsonne. Rasch wechselt die Farbe der Felsen zu einem gelben Ocker und noch später in ein bräunliches Grau. Die zerfurchten, zerschundenen Felsen von Leka sind eine geologische Besonderheit. Zu einem großen Teil sind es Gesteine eines mehrere hundert Millionen Jahre alten Ozeanbodens, die durch tektonische Prozesse an den europäischen Kontinent angeschweißt wurden. Auch Gesteine aus vielen Kilometern Tiefe sind darunter, sogar aus dem oberen Erdmantel. An einer Stelle kann man die Hand tatsächlich an die Grenze zwischen Erdkruste und Erdmantel legen. Das ist nur an wenigen anderen Orten auf der Welt möglich.
„Das ist es, was Leka einzigartig macht“, sagt Vidar und zeigt auf einen Kerzenhalter auf einem der Tische in seinem „Vertshus“. Der Kerzenhalter besteht aus einem der auffällig bunten Leka-Gesteine. Nur ein Gast sitzt im einzigen Wirtshaus der Insel. Ende August ist die Touristensaison eigentlich schon vorbei. Da freut sich Vidar, dass er jemanden von den Naturschätzen und der Geschichte seiner Insel erzählen kann. Das Farbspiel und die bizarren Formen der Felsen von Leka verzaubern die Menschen heute wie vor tausenden von Jahren. Damals krochen Steinzeitmenschen in den Schlund von Mutter Erde, die sie verehrten, und schufen in der dunklen Solsemhöhle blutig rote Bilder, die noch heute im Licht der Taschenlampe eine beeindruckende Farbintensität zeigen. Die älteste bekannte Höhlenmalerei Nordeuropas beweist die lange Besiedlungsgeschichte von Leka. Viel später schätzten auch die Wikinger das Eiland als Wohnstätte – wohl wegen des Fischreichtums der umliegenden Gewässer. Auch die Nordmänner hinterließen Spuren – vor allem Grabhügel. Unweit vom „Vertshus“ ruht unter Norwegens größtem Schiffsgrabhügel der sagenumwobene Häuptling Herlaug, der sich der Legende nach im Streit mit einem anderen Wikingerhäuptling nicht geschlagen geben wollte und lieber ins Grab ging als sich zu unterwerfen.
Den ganzen Bericht lesen Sie in Skipper 01/2012