Sicher unterwegs, sicher ankommen
Das Wort Navigation hat für viele Skipper eine mystische Anmutung. Dabei navigiert jeder Mensch, ob als Fußgänger, Autofahrer oder eben an Bord eines Bootes. Nur wer weiß, wo er ist, weiß auch, wo er landet.
Es werden viele Schwänke zum Thema Navigation an Skipper-Stammtischen kolportiert. So auch der über die Navigation nach Bäcker. Nachdem auch das letzte Promille des »Anlegeschlucks« über Nacht abgebaut wurde, schnurrt ein vom Bootsführer bestimmtes Crewmitglied am frühen Morgen los, um frische Brötchen zu besorgen. Anhand des Firmenaufdruckes auf der Tüte bestimmt der Navigator den Ort, und trägt ihn in der Karte ein … Das kann man so handhaben, sollte es aber nicht wirklich praktizieren. Einerlei, ob binnen oder buten unterwegs, das Wissen um den jeweiligen Standort, den Kurs zum Zielhafen und die regionalen Besonderheiten ringsum des aktuellen Standortes sind essenzielle Voraussetzungen für die sichere Führung des Bootes. Nicht umsonst wird auch heute noch bei der theoretischen Prüfung zum Sportbootführerschein See eine Navigationsaufgabe gestellt, und zwar auf einer guten alten Papierkarte. Die gilt es ohne elektronische Helferlein zu lösen. Selbst ein profaner Taschenrechner ist während der Prüfung nicht zugelassen. Das zur Lösung notwendige Navigationsbesteck besteht aus einem Navigationsdreieck, einem Anlegedreieck, einem Zirkel mit zwei Spitzen, einem Bleistift der Härteklasse HB und einem guten Radiergummi. Das Navigationsdreieck ist mit einer Winkelskala von 0 bis 180 Grad versehen. Idealerweise sind auch die Winkel von 180 bis 360 Grad auf einer zweiten Skala aufgedruckt. Die mathematische Lösung der Kartenaufgabe ist kein Kunststück und erfordert nur Kenntnisse der Grundrechenarten. Um die aber richtig anzuwenden, sollten die Begriffe Missweisung (Mw) und Ablenkung, Magnetkompasskurs (MgK) und rechtweisender Kurs (rwK) verinnerlicht sein. Die Missweisung nennt die Abweichung zwischen dem geografischen und dem magnetischen Nordpol. Sie wird in der Karte der dem Standort nächstgelegenen Windrose entnommen. Blöderweise ändert sich die Missweisung ständig, weshalb der Eintrag so lauten könnte: 0° 50‘ E 2010 (5‘ E). Im Jahre 2010 betrug die Missweisung in diesem Seegebiet ein halbes Grad, verändert sich aber jedes Jahr um fünf Grad nach Ost.
Unter Ablenkung versteht man die Störung des Magnetkompasses durch den Bootskörper und in der Nähe befindlicher elektrischer Instrumente. Unser Magnetkompass zeigt also gar nicht in Richtung des magnetischen Pols. Die Ablenkung ist in jedem Boot anders, weshalb eine individuelle Deviationstabelle angefertigt werden sollte. Die Berechnung des Magnetkompass-Kurses ist keine Zauberei. Der rechtweisende Kurs wird aus der Karte entnommen, um die Missweisung korrigiert und die Ablenkung berücksichtigt. Dabei gibt es einen nicht unwesentlichen, kleinen Fallstrick: Wenn von unten nach oben gerechnet wird, werden die Vorzeichen + oder – umgekehrt. Das Auffrischen der »händischen« Lösung von Navigationsaufgaben sollte jeder Skipper beherzigen. Auch und gerade in der schönen neuen Welt der elektronischen Systeme.
GPS hat sich an Bord seit langem durchgesetzt. Heute verfügen auch kleine Handgeräte bereits über einen Kartensatz, der den Standort des Benutzers exakt anzeigt. Für die sichere Navigation sind die aber eher nicht geeignet. Speziell auf die maritimen Anforderungen abgestimmte Kartensätze werden von zahlreichen Anbietern stets auf dem neuesten Stand gehalten. Kartenplotter, also Monitore, auf denen die elektronischen Karten angezeigt werden und mittels GPS-Signal auch der Standort des Bootes, sind in unterschiedlichen Größen auf dem Markt. Mit der entsprechenden Peripherie versehen, können auch die Wassertiefe und Schiffe in der Umgebung angezeigt werden. Für letzteres ist heute nicht mal mehr ein teures Radargerät nötig. Das Zauberwort heisst AIS, das sich auch bei Sportbootfahrern immer größerer Beliebtheit erfreut. Das automatische Identifikationssystem ist für die Berufsschifffahrt Pflicht. Die Signale geben unter anderem den Schiffsnamen, den Kurs, die Geschwindigkeit und die Funkrufnummer an. Es arbeitet im UKW-Frequenzbereich und zeigt damit unabhängig von der Sicht, beziehungsweise der Radarabdeckung stets das Geschehen rund um die eigene Position an.
Den ganzen Artikel lesen Sie in SKIPPER 07/2014
Text & Fotos: Klaus Schneiders