Dalmatien Report

Das Erbe der Dogen

Kroatiens Adriaküste ist eine Hommage an die Blütezeit der Seemacht Venedig. Kommen Sie an Bord unseres Motorkatamarans und entdecken Sie die insulanen Pretiosen vor den Toren der Weltkulturerbe-Städte Trogir und Split.

Ortsnamen fallen nicht vom Himmel. Sie sind keine Zufallsprodukte, werden nicht gewürfelt, sondern haben in der Regel etwas mit der Lage oder der Eigenschaft des Ortes zu tun. Ein Ort, der am Meer liegt und Marina heißt, müsste also einen respektablen Hafen haben. Sollte man meinen… doch das gilt nicht für das kroatische Lilliputstädtchen Marina. Statt eines Hafens, türmten die Stadtherren im Mittelalter eine trutzige Festung zum Schutz gegen Piraten auf. Viel ist von dem Bollwerk nicht mehr zu sehen. Bis auf eine Ausnahme. Die trägt den Namen Marinska Kula, ist ein massiger Turm direkt am Wasser und war – man höre und staune – der Sommersitz des Bischofs von Trogir. Heute ist der wuchtige Klotz das Wahrzeichen des 4.000 Seelenörtchens und – wenn man so will – die Landmarke der Sportbootmarina Agana. „Wir sollten“, sagt Karl, „schnellstmöglich ablegen. Bis zur Insel Vis sind es zwar nur 40 sm, aber wer weiß, wie lange sich das Wetter noch hält.“ Dann deutet er auf die dunklen Wolken über dem Marinska-Turm. Wir nicken, beziehen die Kabinen unseres Leopard 43 Motorkatamarans, verstauen die Ess- und Trinkwaren in der Pantry des wohnzimmergroßen Salons und wecken die Yanmars des Kats zum Leben. Mit knapp 800 Touren geht es aus der Box. Das Sechzylinder-Duo in seligem Zweckverband mit den schmalen Schwimmkörpern schieben den 12-Tonner wie auf Schienen aus der Marina, Steuerbord ergeht sich der Marinska-Turm in aristokratischem Schweigen, backbord grüßt ein Wald aus Segelmasten. Eine kräftige Brise pfeift über das Meer. Das Schlagen der Fallen gegen die Masten übertönt die Selbstzünder. Kaum sind wir aus der Bucht, präsentiert sich das Himmelsgebläse von seiner unkommoden Seite. Gut eineinhalb Meter Welle bauen sich vor uns auf. Unserem »Leo« macht das nichts… wir dagegen sind von der »Konstruktion« her eher land- als seefest, sprich, mein Magen meldet erste Unbotmäßigkeiten. „Vielleicht“, orakelt Kurt nach einer halben Stunde Wellentanz, „sollten wir einen Zwischenstopp einlegen. Wie wär’s mit Stomorska am Ostzipfel der Insel Šolta?“ Šolta, Brač, Hvar und Vis. Das mitteldalmatische Eilandquartett vor den Toren von Split und Trogir zählt zu den Topadressen der kroatischen Adria. Šolta ist touristisch gesehen eher Terra Incognita, 58 qkm groß, durchwirkt von Olivenhainen, Natursteindörfchen und alten Weinstöcken. Brač, der Goliath im Inselreigen, steht für Berge, namhafte Bacchusprodukte, das umtriebige Badeörtchen Bol und natürlich die Marmorsteinbrüche bei Pučišće. Hvar wiederum bietet Wein, Oliven und Lavendel. Wie aus den Malkästen eines Vincent van Gogh kippt die Natur im Juni einen lilafarbenen Blütenteppich über den gertenschlanken, knapp 70 km langen Inselbeau. Während der gleichnamige Hauptort ein bilderbuchschöner Hotspot für venezianische Baukunstbegeisterte, Jetsetter und Schön-Wetter-Segler ist, spricht Vis als am weitesten vom Festland entfernter Außenposten eher die Meilen-Macher unter den Fans des windenergetischen Vortriebs an.

„Ja“, sage ich, „lasst uns in Stomorska abwettern.“ Klaus schaut mich an. Ich wähne ein Runzeln auf seiner Stirn; mag sein, dass er mich innerlich als Weichei verflucht, aber der Rest der Crew nickt und so nimmt Klaus Kurs auf das 300-Seelen-Fischerörtchen. Die Idee hatten andere auch. Aber – Neptun sein Dank – neben der Frankovka, einer 2007 auf Kiel gelegten Bavaria 50, ist noch Platz. Die Crew des Seglers hilft uns beim Anlegen; ein paar Kommandos später liegt unser knapp 7 m breiter Duohull wohl vertäut am Kai. »Wo wollt ihr hin«, fragt uns der Skipper der Bavaria. Wir erzählen von Vis und dem Wetter-Flopp. „Geteiltes Leid“ lacht er, „ist halbes Leid. Ich wollte mit meinen Chartergästen nach Hvar. Aber die hatten auch keine Lust auf die Schaukelei.“ Wir bedanken uns für die Leinenhilfe – noblesse oblige –mit einer Flasche Malvasia-Weißwein, er strahlt und drückt uns den Namensgeber seines 50-Footers, einen Frankovka, also Blaufränkischen Roten, in die Hand…

 

Charter

Unser gecharterter Leopard PC 43 stammt aus der südafrikanischen Katamaran-Schmiede Robertson & Caine. Der Duohall ist leicht zu manövrieren, bauartbegingt recht seefähig und verfügt u. a. über einen großen, komfortabel eingerichteten Salon. Das Boot wurde bei Master Yachting gechartert, die Firma hat R&C-Motorkatamarane zwischen 39 und 51 Fuß im Angebot, die NS-Preise beginnen mit 2.179 für den kleinsten bzw. 4.279 EUR für den größten Kat, in der HS können die Charterpreise das Dreifache erreichen.

Törn-Route

Ausgangspunkt unseres rund 140 sm langen Törns über Stomorska (Insel Šolta), Pučišća (Insel Brač), Bol (Insel Brač), Stari Grad (Insel Hvar), Hvar-Stadt (Insel Hvar), Vis-Stadt (Insel Vis), Milna (Insel Brač), Split und Trogir ist die Marina Agana (Tel: +385 (0)21 889 411) im Städtchen Marina. Nach einer Nacht im Hafen von Stomorska (www.psrdpelegrinstomorska.hr, Tel: +385 (0)91 980 7311) geht es ins ca. 18 sm südöstlicher gelegene Pučišća (VHF Kanal 9, 23 Liegeplätze) und weiter über das rund 21 sm entfernte Bol (VHF Kanal 9, 42 Liegeplätze) nach Stari Grad (Tel: +385 (0)91 515 4745, über 100 Liegeplätze). Nach einem kurzen Schlag um die Südwest-Spitze (Rt Pelegrin) der Insel Hvar und einer Übernachtung in der ACI-Marina Palmižana auf der Hauptinsel Sv. Klement des Pakleni Otoci Archipels (VHF Kanal 17, Tel: +385 (0)98 398 853, 180 Liegeplätze) ist nach rund 13 Seemeilen der Stadtkai von Vis-Stadt erreicht (Tel: +385 (0) 91 227 7551, ca. 100 Liegeplätze). Die Rückreise führt über die 20 sm nördlicher gelegene ACI-Marina in Milna (VHF Kanal 17, Tel: +385 (0)21 636 306, 183 Liegeplätze). Von dort geht es über die ACI-Marinas in Split und Trogir zurück nach Marina. Die Liegegebühren belaufen sich für 10 bis 15 m lange Monohull-Boote im Schnitt auf 2,70 bis 4 EUR/m, Katamarane kosten Faktor 1,5 mehr, die ACI-Marinas sind teurer, ein 10 m Monohull schlägt in Mirna mit 7,70 EUR/m zu Buche, dafür sind Strom und Wasser im Preis enthalten.

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Quelle: SKIPPER Bootshandel (Gerald Penzl)