I n den sechziger Jahren war eine Fahrt über den großen Teich immer noch ein besonderes Ereignis, ganz speziell für einen jungen Offiziersanwärter. Anhand des persönlichen Logbuches des damals 20-jährigen Otto-Heinrich Weychardt wird diese Reise wieder lebendig. Am 20. März 1962 setzte die »Gorch Fock« ihre Segel und brach in Richtung Teneriffa auf. Bereits auf ihren ersten hundert Seemeilen war das Wetter gegen sie gerichtet. Bei drei Knoten Fahrt und zwei Knoten Gegenströmung bei Fahrt unter Segel war schnell klar, dass die Termine nicht eingehalten werden konnten. Die »Gorch Fock« war gezwungen, alle Segel einzuholen und unter voller Fahrt mit Motorenkraft weiterzugleiten. Und auch den Kameraden wurde bald bewusst, dass die Überfahrt kein Zuckerschlecken, sondern harte Arbeit war. Ein großer Tag für die Besatzung war der 1. April – ihre Beförderung zum Gefreiten OA. Doch die Ausbilder erlaubten sich passend zum Tag einen kleinen Aprilscherz: Bojen Manöver vor dem Umziehen. Die Hitze brannte wie im Hochsommer, die See kochte und lag ruhig. Nach 17 Tagen erreichte die »Gorch Fock« die kanarische Insel Teneriffa. Nach drei viel zu kurzen Tagen der Entspannung ging es weiter. Am 11. April erreichte sie die Passatzone. Von nun an segelte die »Gorch Fock« tagelang unter gleichem Bug und somit war es den Kameraden gestattet, während der Segelwache in einem Schlafsegel an Deck zu schlafen. Von da an hieß es, abwarten und die Stellung halten. Ostern zu Wasser und nicht an Land war für die meisten an Bord ein neues Erlebnis. Am 20. April war ein Karfreitag und Stabsarzt Dr. Naumann hielt vor versammelter Mannschaft eine kurze Andacht. Die Kameraden dachten an ihre Familien und freuten sich über die Feiertage. Doch mit der Besinnlichkeit sollte bald Schluss sein, denn kurz nach der Andacht explodierte eine Lampe über den Köpfen der Seeleute und bedeckte diese mit Glassplittern. Kurz darauf wurde auch noch ein vier Meter langer Hai auf Steuerbord gesichtet, doch alle Versuche, den Fisch zu fangen, schlugen fehl. So blieb die Weiterfahrt Richtung New York täglich aufs Neue spannend; man wusste nie, was als nächstes passieren könnte. Der Nebel, der die »Gorch Fock« seit Tagen begleitete, lichtete sich eines Tages. Um zehn Uhr morgens plötzlich laute Rufe vom Oberdeck: »Land in Sicht«. Die Skyline von New York konnte man in der Ferne bereits ausmachen. Nach kurzem Zwischenstopp in Gravesend Bay vor Long Island kam am 7. Mai endlich der große Tag: die Ankunft in New York. Ein Schlepper brachte die »Gorch Fock« durch den Hudson River. Die ersten neugierigen amerikanischen Reporter waren zu diesem Zeitpunkt bereits an Bord. Nur noch durch die Hudson-Mündung: Dann war der Blick auf den New Yorker Hafen und die Skyline von Manhattan frei. Der Befehl: »Alle Segel setzen!« Mit frischer Brise präsentierte sich Deutschlands Aushängeschild den wartenden New Yorkern. Marineflugzeuge, Coast-Guard Hubschrauber, Schlepper und Feuerlöschboote mit hohen Wasserfontänen bildeten rund um die »Gorch Fock« eine atemberaubende Kulisse. Die Statue of Liberty nickte den Besuchern zu. Eine erfolgreiche Fahrt war geglückt.
Geschichte der Seekarte
Die Geschichte der Seekarte ist eng verknüpft mit der Entwicklung der Messtechnik und der Verfügbarkeit anderer Technologien. Raumfahrt und Mikroelektronik stehen am Ende dieser Kette. Nur deshalb können wir heute dank Satelliten-Navigation und Kartenplotter voll automatisiert und äußerst präzise mit Schiffen über die Ozeane unseres Planeten steuern. Vor gar nicht langer Zeit sah die Welt der Navigation allerdings noch ganz anders aus. Erst nach der Erfindung von präzisen Uhren und Sextanten im 18. Jahrhundert gelang es auch den Längengrad zu bestimmen. Davor war die Fahrt über die Ozeane deutlich ungenauer und die damaligen Seekarten hatten nur eine untergeordnete Bedeutung bei der Navigation.
Die geographische Länge: Wo bin ich?
Um die Lage eines beliebigen Punktes auf der Erde exakt zu bestimmen, benötigt man die Breiten- und die Längenangabe. Die Breite konnte schon recht früh ziemlich exakt durch Messung von Vertikalwinkeln zur Sonne oder des Polarsternes ermittelt werden. Anders verhielt es sich bei der Länge. Zwar hatte schon der Grieche Hipparchos (190 - 120 v. Chr.) die Erde in 360 Längengerade geteilt, doch eine exakte Ortsbestimmung war dadurch noch lange nicht gegeben. Erschwerend kam hinzu, das die Festlegung des 0-Meridians ganz unterschiedlich und mit nationalem Interesse erfolgte. Zwar dominierte ab dem 2. Jahrhundert nach Christus der sogenannte Ferro-Meridian, der durch die kanarische Insel El Hiero verläuft, doch bezogen sich die Angaben zum 0-Meridian mal auf London, mal auf Paris und ein anderes Mal auf St. Petersburg - ganz nach Herkunft der jeweiligen Kartenwerke. Erst auf einer internationalen Konferenz 1884 in Washington einigte man sich auf den noch heutig gültigen Bezugspunkt Greenwich in England. Dort verläuft er durch das Flamsteed House der berühmten Sternwarte. Als diese internationale Einigung erzielt wurde, die Karten danach weltweit die gleichen Koordinaten zeigten, war auch das Problem mit der exakten Längenbestimmung gelöst - allerdings erst seit 123 Jahren.
Geschichte der Liemba
Das heutige Tansania war in der kurzen, rund 35 Jahre währenden deutschen Kolonialzeit ein Teil von Deutsch-Ostafrika. Das zuständige Reichskolonialamt gab mehrere Dampfschiffe in Auftrag, so 1887 den zum Bau eines Truppentransporters für die Schutztruppen in Ostafrika. Die Geschichte der heutigen Liemba ist aber eine ganz besondere, denn das 67 m lange Schiff wurde 1913 als Baunummer 300 auf der Meyer-Werft in Papenburg unter dem Namen Graf Goetzen auf Kiel gelegt. Auftraggeber war die Ostafrikanische-Eisenbahngesellschaft. Es war für den Fracht- und Personenverkehr auf dem 673 km langen und bis zu 80 km breiten Tanganjikasee bestimmt. Da man aber weder damals noch heute ein solch großes Schiff einfach mal quer durch Afrika transportieren kann, wurde es in der Werft zusammengeheftet, mit Markierungen für den Sitz der Nieten versehen und danach wieder demontiert. In 5000 wasserdicht verpackten Kisten wurde die Goetzen auf ihre erste Reise geschickt. Zunächst per Bahn nach Hamburg, dann weiter mit dem Schiff nach Daressalam und schließlich mit der Mittellandbahn nach Kigoma am Tanganjikasee.
Die Geschichte der Schleuse: Not macht erfinderisch
Der griechische Geschichtsschreiber Herodot von Halikarnassos (484 bis 424 v. Chr.) gibt in seinem Bericht über den 2. ägyptischen Kanal vom Nil zum Roten Meer erste Hinweise auf die Existenz von Schleusen. Was die alten Ägypter in die Landschaft setzten, hatte aber fast nichts gemein mit unseren heutigen Hebewerken, eigentlich nur ein Stauwehr mit einem darin eingelassenen Tor. Dahinter wurde das zu schleusende Boot in Position gebracht, das Tor geöffnet und ab ging die Fahrt. Neben einem nicht unbeträchtlichem Gefahrenpotential hatte die Technik einen gravierenden Nachteil: Sie funktionierte nur in der Talfahrt. Trotz der bereits bekannten Treideltechnik waren der Bergfahrt Grenzen gesetzt. Entweder man hatte das Tor im Wehr geschlossen, oder es stand offen, womit dann der nötige Tiefgang fehlte. Dennoch benutzte man die Anlagen für lange Zeit.
100 Jahre Titanic
Dieses sich in unmittelbarer Nähe der havarierten Titanic befindliche Schiff verschwand vor den Augen der todgeweihten Passagiere in der Dunkelheit, offensichtlich ohne von deren Schicksal etwas mitbekommen zu haben. Keine andere Schiffskatastrophe wurde derart oft verfilmt und über kein Schiff wurden derart viele Bücher geschrieben wie über die Titanic. Dennoch bleiben manche Fragen bis heute offen. So ist es nach wie vor unklar, welches Schiff es war, das so nahe der Titanic stand. Ebenso stellt sich die Frage: Konnte dieses unbekannte Schiff die Notrufe der Titanic nicht empfangen, weil es keine Funkanlage an Bord hatte - oder war seine Funkstation nicht mehr besetzt gewesen? Um 23.40 Uhr des 14. April war die Titanic mit dem Eisberg zusammengestoßen. Bald darauf gab sie Notsignale über Funk ab. Gleichzeitig versuchten andere Besatzungsmitglieder, das unbekannte Schiff in Sichtweite mittels Signalraketen auf sich aufmerksam zu machen. Doch dieses benachbarte Schiff sah und hörte nichts. Vermutlich eine der zahllosen Legenden um die Titanic ist auch die Aussage, man hätte auch nur weiße Leuchtraketen an Bord gehabt, weil man auf einem unsinkbaren Schiff niemals rote Raketen für den Seenotfall brauchen würde. Die weißen Raketen aber seien für ein Feuerwerk gehalten worden. Tatsache ist, dass es 1912 noch keine international gültigen Regeln für Seenotsignalmittel gab, auch keine vorge‧schriebenen Farben von Leuchtraketen. Vor allem gab es keine eindeutigen Standards für den Funkverkehr.
Great Eastern
Die Great Eastern war das größte Schiff ihrer Zeit. Ihr Konstrukteur, Isambard Kingdom Brunel, galt als einer der fähigsten Ingenieure des viktorianischen Zeitalters. Bevor er sich der Konstruktion von Schiffen verschrieb, machte er sich einen Namen mit dem Bau von Eisenbahnlinien inklusive von Tunnels und Bahnhöfen. Zu seinen Projekten zählten unter anderem Paddington Station und der Themse-Tunnel in London, aber auch die Royal Albert Bridge und die Bristol Docks. Seine Pläne hinsichtlich des Schiffsbaues übertrafen alles bis dahin dagewesene, sowohl hinsichtlich der Ausmaße als auch der Bauweise. Sein Schiff sollte das größte bis dahin von Menschen erbaute bewegliche Objekt werden, was es aufgrund seiner Länge von 210 m auch bis 1888 blieb. Dazu sollte der doppelwandige Rumpf komplett aus Eisen errichtet werden. Ein Propellerantrieb und zwei gewaltige, seitlich angebrachte Schaufelräder sorgten für den Antrieb. Die notwendige Energie wurde von zehn Dampfkesseln mit einem Äquivalent von 8300 Pferdestärken geliefert. Einzig die sechs Masten mit einer möglichen Segelfläche von 5450 m2 erinnerten noch an den Wandel von der Segel- zur Dampfschifffahrt. 1852 auf Kiel gelegt, arbeiteten bis zu 12 000 Menschen an der Realisierung des Giganten. Der ursprünglich für die Eastern Steam Navigation Company geplante Bau wurde unter dem Namen Leviathan begonnen und bereitete erhebliche Schwierigkeiten. Es kam zum Streit zwischen Brunel und dem Schiffsbauer Scott Russell, auf dessen Werft das Projekt Gestalt annahm.
200 Jahre Bell Rock
Robert Stevenson träumte lange Jahre davon, etwas Großes zu errichten und die tückische schottische Küste zu erleuchten. Und das vor über 200 Jahren, zu einer Zeit, in der dieses wagemutige Bauvorhaben einem kleinen Wunder glich. Der Großvater des Schriftstellers Robert Louis Stevenson, der uns Klassiker wie „Die Schatzinsel“ und „Der seltsame Fall des Dr. Jekyll und Mister Hyde“ bescherte, erhielt den Auftrag zur Errichtung eines Leuchtturms auf dem gefährlichen Inchape-Riff im Jahre 1807, ein wahrlich tollkühnes Unterfangen. Schließlich ist der ungefähr 12 Seemeilen von Abroath in Schottland befindliche Unterwasserfelsen „Bell Rock“ mehr als tückisch. So gingen 1799 in einem schweren Sturm, der an der ganzen Küste tobte, über 70 Schiffe unter. Trotz‧dem sträubten sich die Behörden noch einige Zeit gegen den waghalsigen Plan Stevensons. Aber er gab nicht auf und startete schließlich sein schwieriges Bauvorhaben mit einem Etat von 43 000 Pfund. Der von Stevenson ausgewählte Platz für den Leuchtturm war deshalb so riskant, da das Riff bei Flut bis zu vier Meter im Wasser versank und nur bei Ebbe für ungefähr drei Stunden an die Oberfläche ragte. Seinen Namen verdankt der Bell Rock einigen beherzten Mönchen, die bereits im 15. Jahrhundert versucht hatten, herannahende Schiffe durch eine Glocke zu warnen. Der Glockenturm hielt der stürmischen Nordsee allerdings nur ein Jahr stand.