Lustvoll räkelt sich die sandbraune Schönheit in der Sonne. Ohne Scheu stellt sie ihren seidig glänzenden, wohlgerundeten Körper für die Fotografen zur Schau. Sie kommen in Scharen, um sie abzulichten. Bei Sonnenschein folgt ein Fotoshooting auf das andere. Man merkt sofort, dass hier ein erfahrenes Fotomodell am felsigen Strand liegt. Kaum richtet sich ein Objektiv auf sie, reckt sie sich und biegt ihren Körper in Bananenstellung. Freundlich grinst eine anderen Dame mit zotteligem Schnauzbart in die Kamera. Die Hübsche hört auf den Namen Phoca vitulina. Ihre Maße sind 140–100–100, was für Körpergröße, Bauchumfang und Gewicht steht. Anzutreffen ist sie auf den Pam Rocks - einer Ansammlung von winzigen Felseilanden mitten im Howe Sound. Dort verbringt das bepelzte Fotomodell gemeinsam mit seinen Artgenossen endlose Stunden beim relaxten Sonnenbaden. Seehunde liegen nun einmal ausgesprochen gerne auf der faulen Haut. Besser gesagt auf dem faulen Fell, einem ganz bemerkenswerten Fell: Mit rund 50000 Haaren pro Quadratzentimeter ist es wasserdicht und schützt die Säugetiere perfekt vor dem kalten Wasser des Howe Sounds. Doch die Bucht an der Pazifikküste ist nicht nur für Seehunde ein Eldorado: „Zahlreiche Tiere unter und über der Wasseroberfläche machen dieses Gebiet direkt vor der Haustür von Vancouver zu einer biologischen Schatzkammer“, erzählt Jessica Haydahl, die als Tour-Guide mit den feuerwehrroten Booten von Sewell's Sea Safari täglich biologische Exkursionen unternimmt. An Bord sind dabei oft Touristen aus aller Herren Länder. Vancouver verdankt seine internationale Popularität vor allem seiner Lage zwischen Meer und Gebirge. Innerhalb weniger Kilometer finden Naturliebhaber und Freizeitsportler alles, was sie begeistert.
Kroatien – Split, Brac, Hvar, Kornaten
Die Tourismusbranche schwärmt in höchsten Tönen. Split sagt sie, die nach Zagreb zweitgrößte Stadt Kroatiens, sei ein Feuerwerk aus steingewordener Geschichte und lebendiger Gegenwart. Vor allem das historische Zentrum mit seiner cool gestylten Hafenpromenade biete, was das Herz begehrt. Den besten Blick auf die Stadt - schwören sie - habe man vom Meer aus. Und in der Tat, je näher wir mit unserer Azimut kommen, desto imposanter setzen sich die Paläste und Kirchen in Szene. „Schade“, bedauert Kurt am Steuer, „der Stadthafen ist propenvoll. Keine Mooring mehr frei.“ Mit einem Griff zum Gas hebt sich die Yacht aus dem Wasser und steuert in weiten Bogen auf die Marina am südwestlichen Ende der Bucht zu. In der ersten Reihe dort drängelt sich ein Sammelsurium millionenteurer Megayachten, dahinter wird es - finanziell - moderater, sprich unsere 39 Fuß â€žgroße“ Italienerin wird als vollwertiges Mitglied der Maritimgemeinschaft freundlich eingewiesen. Wir machen uns landfein und schlendern in die Altstadt. Ganz oben auf der Liste der Sehenswürdigkeiten steht der Palast des Kaisers Diokletian. 295 n. Chr. hatte sich der römische Herrscher hier direkt am Meer einen 30000 m² großen, festungsartigen Alterssitz erbauen lassen. Nach seinem Tod wurde das luxuriöse Bollwerk umkonstruiert, Wohnungen entstanden, das Mausoleum des Kaisers verwandelte sich in die Kathedrale Sveti Duje, der Jupitertempel in die Taufkirche. 900 Jahre später platzte das Areal aus allen Nähten, kurz entschlossen baute man die Ansiedelungen vor dem Westtor des Palastes nach venezianischem Vorbild zur Novi Grad, zur Neuen Stadt aus. Dabei wurde viel Wert auf den harmonischen Einklang mit dem Erbe des Kaisers gelegt. Nach eingehender Würdigung dieses - natürlich - UNESCO-Weltkulturguts und anschließendem Essen in dem ebenso engen wie stimmungsvollen Kellerrestaurant Sperum fallen wir in unsere Betten und schlummern dem nächsten Tag entgegen.
Kroatien – Krk, Zadar, Å ibenik, Trogir
Das hat wohl ordentlich geschwappt. Damals, vor 12000 Jahren, als die letzte Eiszeit zu Ende ging, sich die Erde wieder erwärmte und die Gletscher wie Butter schmolzen. Der Pegel der Adria stieg dabei um über 70 Meter. Eine neue Topographie entstand. Berge wurden zu Inseln, in den Tälern hatte jetzt Neptun das Sagen. Das klingt wie das Drehbuch eines Katastrophenfilms, ist es aber nicht. Im Gegenteil. Auf der endlosen Suche nach Sonne, Sand und Meer lesen sich die geografischen Daten Kroatiens heute wie das Guinnessbuch der Rekorde: 1778 km Festlandküste und 1185 Inseln mit insgesamt gut 4200 km Uferlinie sind der Stoff, aus dem - nicht nur - Skipperträume sind. „Punat? Zur Marina“, fragt mich der Taxifahrer am Flughafen der Insel Krk und deutet auf unser Gepäck. Ich nicke. Die Türen fallen ins Schloss, er gibt Gas und eine halbe Stunde später stehen wir mitten in einem Wald aus Segelmasten. Ein kräftiger Wind faucht über das Meer. „Kein Wetter zum Auslaufen“, übertönt eine Stimme das Schlagen der Fallen gegen die Mastbäume. „Ich bin Kurt, Euer Skipper“, stellt sich die Stimme vor und begleitet uns zum Boot. Da liegt sie, eine Azimut 39, mit allem an Bord, was man für einen kommoden 10-Tages-Törns durch das Erbe Venedigs braucht. Kurt ergreift das Wort. „Unsere Tour“, sagt er, „führt die Küste entlang nach Zadar, Å ibenik und Trogir. Von dort geht es nach Split. Und dann über die Inseln Brac, Hvar und das Archipel der Kornaten wieder zurück. Das sind gut 400 Seemeilen.“ Sagt es, rollt die Karte zusammen und marschiert mit uns quer über die Marina ins nächste Fischrestaurant.
Frankreich – La Réunion
Feinschmecker schätzen die Bourbon-Vanille. Dass das französische Übersee-Departement La Réunion Herkunftsort der edlen Gewürzfrucht ist, werden wahrscheinlich die wenigsten wissen. Das könnte an der Namensänderung nach der Französischen Revolution liegen. Der ursprüngliche Name der Insel war „Île Bourbon“. Da dies jedoch der Familienname des damals verhassten Königshauses war, wurde aus der ÃŽle Bourbon am 19. März 1793 La Réunion. Zwar sind der Vanille-Anbau und damit die bekannte Bourbon-Vanille immer noch ein Markenzeichen, doch das ist längst nicht alles, was das Eiland zu bieten hat. Die rund 2512 km2 große Insel lockt mit einem abwechslungsreichen Kontrastprogramm. Dieses „Stück Europa“ liegt im stets warmen und immer noch relativ fischreichen Indische Ozean. Das Klima ist ganzjährig angenehm. Neben dem Naturerlebnis gibt es unzählige Wassersportmöglichkeiten für Hochseeangler, Taucher, Wasserski- und Wakeboard-Fans oder Wetbike-Enthusiasten. Die Natur bietet mit dem 3070 Meter hohen Piton des Neiges einen erloschenen und mit dem Piton de la Fournaise einen der weltweit aktivsten, aber doch recht harmlosen Vulkan mit skurrilen Marslandschaften. Im Südosten können Besucher die teilweise noch immer sehr heißen Lavaströme der letzten Eruptionen erforschen. Die neueren sind noch so heiß, dass man sie nicht betreten kann. Nur wenige Meter unter der oberen Schicht fließt flüssige Magma. Vulkankessel lassen sich zu Fuß besteigen oder per Helikopter überfliegen. Botanisch Interessierte finden tropische Urwälder mit einer unglaublichen Anzahl von endemischen Arten, also Pflanzen, die es nur hier gibt. Doch das ist längst nicht alles: Eine Bevölkerungsmischung aus Europäern, Afrikanern, Indern und Asiaten bringt einen bunten Kulturmix hervor, dessen Vielfalt sich auch in der vielseitigen Küche der Insel ausdrückt. Da La Réunion zu Frankreich gehört, kann der deutsche Tourist mit einem gültigen Personalausweis einreisen.
Kanada – Shuswap Lake
Drei Dinge braucht der Shuswapianer an Bord, um glücklich zu sein: genug Feuerholz, reichlich Feuerwerk und natürlich einen gut mit Bier gefüllten Kühlschrank. Besonders an den Partystränden ist der Verbrauch hoch und entsprechend drängend die Nachschubfrage. Deshalb scheinen auch einige Skipper auf dem Shuswap Lake nach einer speziellen Seekarte zu navigieren: In der „Beer Map“ sind alle Verkaufsstellen eingetragen, die Bier anbieten. In Kanada braucht es dafür eine besondere Lizenz, die zumeist nur die so genannten Liquor Stores haben. Ist die „Grundausstattung“ an Bord, läuft das abendliche Anlegemanöver - „Beaching“ genannt typischerweise so ab: Anlegen, Feuerholz an Land bringen, Lagerfeuer entfachen, Dosenbier vernichten. Im Hintergrund dröhnt dazu Rocksound aus den Boxen vom Oberdeck. Schnell wird es dunkel, aber bis zum Feuerwerk dauert es noch ein bisschen. Die Vorstellung beginnt erst um 23 Uhr. Zischend und pfeifend steigen die ersten Raketen in den Nachthimmel. Begeistertes Gejohle begleitet jede Salve. Jeff, seines Zeichens Kanadier irischer Abstammung, zeigt professionellen Ehrgeiz. Seine Feuerwerks-Show, zu der er die Crews aller gebeachten Boote an der Steamboat Bay eingeladen hat, ist dramaturgisch durchgestaltet. Langsam steigert er das bunte Spektakel bis zum Höhepunkt und schließt das Szenario mit einem grünen, gelben und roten Crescendo. Wer das ausgelassene abendliche Ritual kennt, versteht, warum die Hausbootvermieter am Shuswap Lake in ihren Handbüchern ausdrücklich verbieten, Feuerwerkskörper, Golfbälle und andere Geschosse vom Schiff aus abzuschießen. Jeff hält sich völlig korrekt an die Regeln. Alle Raketen werden am Strand gezündet - auch die, die seine Crew in fortgeschrittener Bierlaune beim Zielschießen auf das Schiff feuert!
Polen – Masurische Seenplatte
Wer nach Masuren kommt, den empfängt eine grandiose Natur, die sich in den letzten Jahrzehnten, Jahrhunderten oder gar Jahrtausenden offenbar kaum verändert hat. Typisch für diese Landschaft, in der die Zeit stehen geblieben zu sein scheint, ist die fast schon melancholische Ruhe und Beschaulichkeit. Ein Hauch von Wehmut liegt über dem ehemaligen Ostpreußen - die Innenstädte dieser relativ dünn besiedelten Region präsentieren sich eher trist und unauffällig. Im Zuge der touristischen Erschließung, die mit einer spürbaren Verbesserung der Infrastruktur einhergeht, weicht das sozialistische Einheitsgrau jetzt zunehmend den modernen westlichen Einflüssen. Zum wirtschaftlichen Aufschwung in Masuren tragen nicht zuletzt die Boots- und Yachtwerften bei, die neben den Unternehmen der boomenden Tourismusbranche zu den wichtigsten Arbeitgebern zählen und ihre Produkte vorwiegend ins europäische Ausland exportieren. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde Ostpreußen unter russische und polnische Verwaltung gestellt, so dass die während einer Volkszählung als Deutsche eingestuften Bewohner ihre Heimat unter enormen Entbehrungen verlassen mussten. Heute bildet Masuren zusammen mit Ermland die Woiwodschaft Ermland-Masuren, die in aktuellen Reisebroschüren als „Land der Tausenden Seen“ beworben wird. Tatsächlich gibt es ungefähr 3000 Seen, von denen mehr als die Hälfte eine Fläche von mindestens einem Hektar aufweisen. Die weitläufige Gewässerlandschaft ist zumeist durch Kanäle miteinander verbunden. Das größte zusammenhängende Wasserareal mit einer Ausdehnung von 1700 km2 liegt zwischen den Ortschaften Wegorzewo (das frühere deutsche Angerburg), Gizycko (Lötzen), Pisz (Johannisburg), Ruciane-Nida (Rudczanny-Nieden), Mikolajki (Nikolaiken), Ryn (Rhein) und Sztynort (Steinort).
Griechenland – Ithaka
Wer kennt sie nicht, die Abenteuer des Königs von Ithaka und seinen Gefährten, deren Heimkehr aus dem Trojanischen Krieg zur zehnjährigen Irrfahrt wurde? So jedenfalls ist es in der „Odyssee“ zu lesen. Dieses Epos und die vorher verfassten Verse der „Ilias“ werden dem Dichter Homer zugeschrieben und gelten als die ältesten und einflussreichsten Werke der abendländischen Literatur. Sich im Bootsurlaub auf die Suche nach den Schauplätzen dieser Sagen zu begeben, ist eine schöne Art, in die griechische Mythologie einzutauchen. Bootssport und Badespaß kommen dabei garantiert nicht zu kurz, denn die stark zerklüftete Küste Ithakas lockt mit etlichen schönen Buchten und glasklarem Wasser. Zudem blieb die Odysseus-Insel vom Pauschaltourismus bisher verschont. Selbst die von den Wassersportlern stark frequentierten Orte am Meer haben sich ihren ursprünglichen Charme bewahren können. Doch das Revier ist tückisch. Oft blasen heftige Fallwinde die grünen Berge herunter und die Italienfähren, die Ithaka im Osten passieren, schicken manch heftige „Mörderwelle“ an die Küste. Eine launische Diva ist die zwei bis fünf Kilometer breite Meeresenge, die Ithaka gen Westen von der großen Schwesterinsel Kefallonia trennt. Mal präsentiert sie sich ruhig wie ein Ententeich, dann mutiert sie zum widerspenstigen Seeungeheuer. Durch die beiden eng aneinander liegenden Landmassen entsteht eine Düsenwirkung. Der Wind nimmt dort an Geschwindigkeit zu und die Wassermassen pressen sich mit kurzen hohen Wellen durch den Kanal.
Kuba
Doch dann führten die Kuba-Krise, die Stationierung sowjetischer Mittelstreckenraketen mit nuklearen Sprengköpfen und die von den USA bis heute praktizierte Blockade inklusive Einreiseverbot von US-Bürgern nach Kuba zu einer langen Periode des Stillstandes. Als die Amerikaner ausblieben, ging es auch mit der Marina in Kubas Hauptstadt bergab. Erst 1992, als der privat organisierte Club Náutico Internacional Hemingway gegründet wurde und als einzige nichtstaatliche kubanische maritime Organisation die Verwaltung über den großzügigen Sportboothafen mit seinen vier langen, kanalartigen Becken übernahm, mauserte sich der Hafen langsam wieder zur Vorzeigemarina. Commodore Diaz und seine kubanischen Mitstreiter setzten dabei auf die Finanzkraft ausländischer Eigner. Durch die Erlaubnis, Mitglieder aus dem Ausland aufnehmen zu dürfen, nimmt der Club im sozialistischen und devisenarmen Kuba eine Ausnahmestellung ein. Namensgeber für die Marina ist - wie sollte es anders sein - der Schriftsteller Ernest Hemingway, der von Havanna aus häufig zum Fischen aufs Meer fuhr. Das riecht ein wenig nach Etikettenschwindel, denn „Papa Hems“ Yacht Pilar war im kleinen Fischerhafen von Cojimar, wenige Kilometer östlich von Havanna stationiert. Seine Patrouillenfahrten im 2. Weltkrieg begannen meist im militärischen Teil des Naturhafens zwischen der Altstadt und der Festung Moro. Mittlerweile zähle der Club Náutico 1800 Mitglieder aus 46 Nationen, berichtet Commodore Diaz nicht ohne Stolz. Allerdings sind nur die wenigsten Liegeplätze besetzt und es besteht auch weiterhin Sanierungsbedarf in der Anlage.
Niederlande – Nordholland
Fälschlicherweise werden die Niederlande oft als „Holland“ bezeichnet. Doch Holland ist lediglich ein Teil der Niederlande, der wegen des großen Einflusses und der mächtigen Stellung im Jahr 1840 in die Provinzen Nordholland (niederländisch: Noord-Holland) und Südholland aufgeteilt wurde. Insgesamt bestehen die Niederlande aus 12 Provinzen. Gelegentlich ringt man dem Meer noch eine weitere ab, wie beispielsweise Flevoland, das 1986 nach der Trockenlegung hinzu kam. Nordholland hat ohne Zweifel auch für Wassersportler eine große Bedeutung, befinden sich doch an der Ostseite das Markermeer und das IJsselmeer, an der Westflanke die Nordseeküste und im Norden das Wattenmeer. Auch die Insel Texel gehört dazu. Nordholland hat die längste Küste der Niederlande. In der Provinz gibt es also Wasserflächen satt - und das nicht nur im Küstenbereich. Was bietet sich deshalb mehr an, als diesen Landesteil mit dem Boot zu erkunden. Eintönig ist dabei weder das Wetter, noch der Törnverlauf. In den Saisonmonaten zwischen April und September kann man durchschnittlich zwischen fünf und sieben Stunden Sonne am Tag genießen. Zwischen 14 und 19 Tagen pro Monat ist aber auch mit mindestens einem Millimeter Niederschlag zu rechnen. Angepasste Kleidung sollte daher nicht vergessen werden. Mit Tagestemperaturen über 20 Grad kann in den Monaten von Juni bis September kalkuliert werden. Von den Wassertemperaturen darf die Crew allerdings nicht zu viel erwarten. Bei 16 Grad ist meist der Höhepunkt erreicht. Zu bieten hat die Gegend viel. Kulinarisches, von typischen Fischspezialitäten wie Scholle oder Matjes bis zum Käse oder der exotischen Küche aus den ehemaligen Kolonien.
Frankreich – Canal du midi
Mein Neffe ist ein aufgewecktes Kerlchen. Er heißt Johannes, ist elf, hat reichlich Flausen im Kopf und will später einmal Kapitän auf einem Ozeanriesen werden. „Wenn ich mit Euch noch mal Hausboot fahren soll“, hatte er nach unserem letzten Törn verkündet, „dann nur, wenn es wirklich was Spannendes zu sehen gibt.“ Lange Zeit rätseln wir, was er damit meint. Bis der Name Carcassonne fällt. Als ich ihn frage, wo und was das ist, schaut er mich entgeistert an. Dann aber klärt er mich auf. „Ein Städtchen in Südfrankreich“, sagt er, „mit einer obercoolen Burg. Knapp zwei Autostunden von der spanischen Küste entfernt.“ Nach einer Kunstpause fährt er sein nächstes Wissens-Geschütz auf. „Da gibt es auch den Canal du Midi. Auf dem wolltet ihr ja schon immer mal rumschippern.“ Vier Wochen später stehen wir am Airport von Montpellier, steigen ins Taxi zum Bahnhof und fahren mit dem Zug nach Carcassonne. Kaum angekommen, flippt Johannes völlig aus. Was sich da vor seinen Kinderaugen auftut, ist die perfekte Replika einer mittelalterlichen Märchenburg, für die Ivanhoe & Co. - garantiert - ihr letztes (Ketten-)Hemd gegeben hätten. Natürlich ist der Kleine von der drei Kilometer langen Wehrmauer mit ihren 26 Wachtürmen nicht wegzubekommen. Erst das Versprechen, er dürfe auch mal das Hausboot steuern, findet seine Gnade. „Okay“, sagt er, „aber Onkel, wehe, Du hast mich angeschwindelt!“ Pädagogik hin, Kinderfantasien her: das Gepäck und die Vorräte sind verstaut und wir haben den Canal du Midi unterm Kiel. Nebel liegt über dem Wasser. Aus den milchigen Schwaden schält sich das Schleusenwärterhäuschen der Écluse d’Argens, der Schleuse von Argens. Vor dem Puppenstuben-großen Schiffslift hat der Schleusenwärter ein paar Regale aufgestellt und bietet selbstgemachte Marmelade, Honig, Schinken, frische Baguettes und jungen Landwein an.