Von Plau nach Potsdam – Das blaue Paradies

Ein kräftiger Wind pfeift durch die knorrigen Eichen, bricht sich in den reedgedeckten Häusern am Ufer und zaubert weiße Kräusel auf die Wellen des Plauer Sees. Wir liegen am Steg der Vila Vita Ferienanlage und plaudern mit unserem Bootsnachbarn. „Ein hübsches Schiff“, mustert er unsere Christo Mare, „gehört das euch?“ „Nein,“schüttele ich den Kopf, „das ist gechartert.“ „Was?“ Martin – so sein Name – traut seinen Ohren nicht. „So was kann man chartern? Nicht zu fassen. Kann ich mir das Teil mal anschauen?“ „Kein Problem! Komm rüber!“ Martin verschwindet in der Kombüse seiner Bénéteau, taucht kurz darauf mit einer Flasche Riesling wieder auf, entert unseren Decksalon und zückt den Korkenzieher.
Anderntags gegen 9 Uhr sitzen wir mit ihm auf der Terrasse des Vila Vita Restaurants, ordern die Regioprodukte der Mecklenburgischen Landwirtschaft und schauen den Kids bei ihren Planschorgien am Bootssteg zu. Gut gelaunt legen wir eine Stunde später ab. Martin übernimmt das Ruder – er hatte uns dazu mit einem zweiten Riesling überredet – und geht auf Kurs Nordwest. Nach einem galanten Bogen um zwei Jollensegler schwingt er sich durch einen imaginären Slalomparqours, visiert die Elde an, läuft in das Flüsschen ein und überreicht uns schließlich in der Stadtmarina von Plau am See die Schlüssel. „Prima Boot“, sagt er, „fährt sich wie auf Schienen!“ Ein paar Meter weiter decken wir uns im Verkaufsshop der Müritzfischer mit frisch geräucherten Schuppenkerlchen ein. „Vom Netz direkt auf’s Buchenholz“, schmunzelt Martin und zückt ebenfalls sein Portemonnaie. Wohl bepackt, verabschiedet er sich von uns. Während er im Bus zurück zu seinem Schiff fährt, schauen wir uns das hübsche Fachwerkörtchen mit seiner Burgruine und der putzigen Hubbrücke aus Kaiser Wilhelms Zeiten an.

Alles dicht beim Seefest

Verkehrspsychologisch gesehen steht die Farbe Grün für „alles gut“, „kein Problem“ und „freie Fahrt“. So ist es auch jetzt an der Mündung des kleinen Reekkanals in die Binnenmüritz. Kaum hat mein Sehnerv die grün gestrichene Tonne „Eldenburg“ auf das Großhirn übertragen, schnellt der Gashebel Richtung Bug. Der Volvo Penta stemmt sich mit aller Newtonpower auf die Kurbelwelle und hebt die Christo Mare in Höhe des romantisch verspielten Schlösschen Klink aus den Wellen. Nach einer dreiviertel Stunde nimmt die (ebenfalls grüne!) Tonne „Marienfelde“ meine Hand vom Gas, der spritzige Gleitspaß geht in die Verdrängung über, ich greife zum Handy und rufe den Hafenmeister von Röbel an. „Tut mir leid“, antwortet der auf meine Frage nach einem Liegeplatz, „wir feiern gerade unser Seefest. Hier ist alles dicht. Ihr müsst warten.“ Doch wir haben Glück. Eine 40-Fuß-Yacht legt ab, wir dampfen in die kommode Lücke ein und stehen wenige Minuten später mitten in einem Gewusel aus Fischbuden, Bierzelten und Kirmesattraktionen. Wie ein bunter Lindwurm wälzt sich eine fröhlich feiernde Menschenmenge durch die schmalen Fachwerkgassen. Wir lassen uns treiben, scheren an der Marienkirche aus dem Party-Pulk und kraxeln den Glockenturm des frühgotischen Gotteshauses hoch. Die Aussicht ist fantastisch. 33 m unter uns läuft das 6000-Einwohnerstädtchen zur Höchstform auf. Richtung Norden, über ein hübsches Arrangement alter, reedgedeckter Holzbootshäuser, badet das Auge in horizontlosem, mit weißen Segeln gesprenkeltem Blau.
Röbel, die Fischerei Vipperow und das berühmt-berüchtigte Schiffsnadelöhr, die rund 80 Jahre alte Schleuse Mirow liegen hinter, die Halbinsel Mirow mit ihrem Barockschloss vor uns. Mitte des 16. Jahrhunderts hatten die Herzöge von Mecklenburg-Strelitz das ehemalige Ordenshaus zu ihrer Nebenresidenz ausgebaut und die Brauerei neben der Schlosskirche gleich mit dazu auf Vordermann gebracht. „Für die Gärung der Hefe“, erklärt uns Rainer Smentek beim Spaziergang durch den Schlossgarten, „braucht man kühle Temperaturen. Da es zur Zeit der Herzöge aber weder Kühlschränke noch Kältemaschinen gab, schnitten ihre Braumeister im Winter Eis aus dem See und lagerten es in einem tiefen Gewölbekeller. So konnten sie selbst in heißesten Sommern ihren süffigen Hopfentrank brauen.“ Wozu denn der Keller heute diene, frage ich. Rainer lacht. Als Betreiber des Schlossrestaurants hat er ihn in eine Art Rittersaal umfunktioniert und serviert dort rustikale Landmannskost. „Steigt doch einfach runter“, sagt er, „und probiert mal meine Schlachtplatte.“

Den ganzen Bericht lesen Sie in Skipper 07-08/2013

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