Gebrauchtbootkauf

Mit allen Sinnen

Der Kauf eines gebrauchten Bootes kann viele Gründe haben. Meist liegt es am begrenzten Budget der vom Wassersportvirus Infizierten, was nichts Negatives ist. Andere haben da ganz andere, wohlüberlegte Gründe.

Sehr viele Käufer von Gebrauchtbooten geben als Grund die Angst vor hohem Wertverfall in den ersten Jahren nach dem Erwerb an. Andere schrecken vor »Kinderkrankheiten« von Neubooten zurück, denn ein Sportboot ist eine recht komplexe Sache. Je größer das Boot, umso mehr Komponenten sind verbaut und wollen kontrolliert sein. Diese Käufergruppe geht davon aus, dass der Erstbesitzer eben all die kleinen Kinken und Scharten bereits ausbessern und beheben ließ. Dahinter steckt durchaus eine gewisse Logik, nur ist die Realität des Denkansatzes in hohem Maß vom Charakter und der Situation des Verkäufers abhängig. Verkauft er, weil er sich verändern, eventuell vergrößern möchte? Oder gibt er einfach nur entnervt auf? Genau hinschauen lohnt aus Käufersicht auf jeden Fall. Aber worauf schauen? Dazu später mehr, es gibt nämlich noch eine weitere Klientel der Ge-brauchtbootkäufer: Liebhaber klassischer Boote und Yachten, denen es die Formensprache der alten Schätzchen angetan hat. Dabei muss es sich nicht zwangsweise um eine »echte« Riva oder einen Grand Banks Trawler aus Holz handeln. Auch andere Werften fertigten schöne Töchter … Es kommt da halt ganz auf den individuellen Geschmack an. Und dann gibt es tatsächlich die Interessenten mit stark begrenztem Budget aber handwerklichem Geschick, die ein Boot durchaus wieder aufbauen können.

Auch der potenzielle Gebrauchtbootkäufer sollte sich im Vorfeld darüber Gedanken machen, was mit dem neuen alten Boot später unternommen werden soll. Zu berücksichtigen sind dabei unter anderem das überwiegende Fahrgebiet, die Crewstärke, Komfortanforderungen wie Pantry, Dusche und Toilette sowie die tech-nische Ausstattung. Ein wichtiger Punkt ist natürlich das zur Verfügung stehende Budget. Jeder Kaufinteressent sollte sich darüber im Klaren sein, dass zum reinen Kaufpreis noch der ein oder andere Euro für Instandsetzungsarbeiten, Renovierung und technische Aufrüstung anfallen wird. Deshalb ist es ratsam, vor Unterzeichnung des Kaufvertrages das Objekt der Begierde eingehend unter die Lupe zu nehmen und dabei alle Sinne einzuschalten: sehen, riechen und fühlen! Wer sich die Beurteilung des Kaufobjektes nach der ersten Besichtigung nicht selbst zutraut, nimmt einen erfahrenen Sportsfreund mit zum zweiten Ortstermin. Steht ein solcher nicht zur Verfügung, kann man sich auch an einen Bootssachverständigen wenden. Das kostet dann zwar auch wieder einige Euros, macht sich im Zweifel aber stets bezahlt. Einen Sachverständigen in Ihrer Nähe finden Sie beispielsweise unter der folgenden Internetadresse: www.bootsexperten.de. Eventuell wird auch die örtliche Industrie- und Handels-kammer Sachverständige mit dem Spezialgebiet Segel- und Motorboote benennen können. Sachverständige mit anderen Schwerpunktgebieten, wie etwa das KFZ-Gewerbe, sind hier eher kontaproduktiv.

Liebe auf den ersten Blick? Kann gut ausgehen, muss es aber nicht zwangsläufig. Die meisten zum Verkauf stehenden Boote werden von den Eignern optisch aufpoliert sein. Das zeugt von Engagement und lässt von der schönen Hülle auch auf einen entsprechenden inneren Pflegezu-stand schließen. Auch der umgekehrte Fall ist möglich. Das Boot steht seit Jahren ungenutzt auf dem Hof und hat im Laufe der Zeit eine Patina angesetzt. Das Gelcoat oder der Lack ist stumpf, der Anstrich des Unterwasserschiffes löst sich stellenweise ab, außenliegendes Holz ist von Moos befallen oder gar schon morsch. Abschreckend? Nicht unbedingt! Solange die GFK-Struktur gesund ist, bei Stahlbooten keine Roststellen erkennbar sind, spricht nichts gegen den Kauf eines solchen »Waisenkindes«, zumal der Preis meist sehr attraktiv sein wird. Allerdings sind dann umfangreiche Renovierungsarbeiten notwendig, die kalkuliert sein wollen. Nächster Punkt ist die Inaugenscheinnahme von Cockpit und Kajüte. Ist die Persenning dicht oder hat sich Feuchtigkeit ausbreiten können? Wenn ja, lassen sich die Stellen durch einfaches Schleifen und Lackieren ausbessern, oder müssen sie erneuert werden? Unter Deck sollte sich kein Schimmel angesetzt haben. Ein leicht muffiger Geruch kann durch intensives Lüften und den ohnehin ratsamen Austausch der Polsterelemente gebannt werden. Auch die Elektrik verdient einen kritischen Blick, sind doch Bootsbrände durch Kurzschluss die häufigste Schadensursache. Gerade auf älteren Booten finden sich manch haarsträubende »Nachverdrahtungen« durch einen früheren Eigner. Liegt das gute Stückt aufgepallt an Land, wird der Propeller auf Beschädigungen untersucht. Tja, und wer dann immer noch entschlossen zum Kauf ist, sollte eine Probefahrt vereinbaren. Die ist zwar stets ratsam, doch ganz besonders bei den »alten Schätzchen«.

Den ganzen Artikel lesen Sie in SKIPPER 11-12/2014
Text & Fotos: Klaus Schneiders

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