Risiken vermeiden
Bootfahren bereitet Freude. Manche genießen es bei gemäßigtem Tempo an Bord eines Verdrängers, andere lassen es sportlich krachen. Alle können sich aber auch in riskante Situationen bringen.
In der Ausbildung zum Führerschein wird viel Wissen vermittelt. Manchmal zu viel, manches Mal zu wenig und grau ist alle Theorie … Mit dem Ablegen der Prüfung haben die Aspiranten Kenntnisse in Theorie und Praxis unter Beweis gestellt. Doch gerade der praktische Teil beschränkt sich auf wenige Manöver und wird oftmals während der Ausbildung vernachlässigt. Selten wird erklärt, weshalb ein Manöver in einer bestimmten Weise gefahren werden muss, oft hört man die Erklärung: »Weil es der Prüfer so sehen will!«. Das stimmt zwar, hat aber meist ganz plausible Gründe. Und die liegen in der täglich zu erlebenden Praxis.
NIEMALS VOR DEN BUG
Das Kreuzen von Fahrwassern wird in der praktischen Prüfung nicht gefordert. Es wird im theoretischen Teil abgehandelt. Da hört man, niemals vor den Bug eines anderen Bootes zu fahren, sondern stets am Heck zu passieren. Im besten Fall erfährt man noch etwas vom toten Winkel auf unbeladenen Frachtern oder Containerschiffen. Der ist auch tatsächlich gegeben und kann mehrere hundert Meter weit sein. Fährt man da hinein, ist das Boot für den Steuermann des Frachters unsichtbar. Er kann nur darauf hoffen, dass das Sportboot auf der anderen Seite wieder unbeschadet auftaucht. Reagieren kann er nicht. Kurswechsel oder gar aufstoppen käme auf jeden Fall zu spät. Nun ja, mag mancher Freizeitkapitän denken, wo liegt denn eigentlich die Gefahr? Die gängige Antwort ist: Im Falle eines Maschinenschadens hast du keine Chance, einem Zusammenstoß zu entkommen. Die Folgen wären katastrophal – zumindest für das Sportboot und dessen Crew. Aber Gefahren lauern bei einem solchen Manöver noch ganz woanders, nämlich auf der anderen Seite des Berufsschiffes. Vor einigen Jahren kreuzte ein Windsurfer auf dem Rhein bei besten Wetterbedingungen zügig vor dem Bug eines Frachters. Der Abstand reichte wohl für das Manöver, was der Sportfreund allerdings nicht ahnen und schon gar nicht sehen konnte: Der Frachter wurde zeitgleich von eine Schnellfähre überholt. Die war das Letzte, was er sah … Also: Niemals vor dem Bug eines Frachtschiffs kreuzen. So viel Zeit muss sein, denn wir sind ja zum Vergnügen auf dem Wasser und nicht auf der Flucht. Ein Manöver, auf das bei der Prüfung besonderen Wert gelegt wird, ist das Mensch-über-Bord-Prozedere. Der Ablauf ist klar vorgeschrieben, erschließt sich in der Gänze aber nicht jedem. Sobald jemand unfreiwillig das Boot verlassen hat, muss in den Leerlauf geschaltet und gleichzeitig das Heck von der Person abgedreht werden. Vom nachlaufenden Propeller geht zunächst die größte Gefahr für den Menschen im Wasser aus. Ist diese aus dem Gefahrenbereich heraus, wird gewendet und gegen Wind und Strom auf ihn zugefahren und zwar so, dass er seitlich des Bootes zu liegen kommt. Vor dem Aufnehmen muss erneut ausgekuppelt und die Fahrt aus dem Schiff genommen werden. Grund? Siehe oben! Das Auskuppeln ist das A und O dieses Manövers. Es muss aber auch bei ganz anderen Situationen bedacht sein, etwa beim Wasserskilaufen. Auch der beste Läufer landet irgendwann im Bach und will zurück an Bord. Dazu fährt man »ein halbes« Mensch-über-Bord-Manöver, also den letzten Teil. Man fährt grundsätzlich vorwärts auf die Person zu, kuppelt aus und nimmt sie dann über die Badeleiter und -plattform auf. Das klingt plausibel, wird aber leider auch schon mal nicht beachtet. Das zeigen Unfallberichte der grausigsten Art. Ein laufender Propeller kann schlimmste Verletzungen und sogar den Tod herbeiführen. Beim Wasserskilaufen muss neben dem Skipper stets eine zweite Person an Bord sein und den Läufer beobachten. Auch wird grundsätzlich nicht mit dem Heck auf ihn zugefahren, sonst endet ein schöner Tag auf dem Wasser im Desaster.
Den ganzen Test lesen Sie in SKIPPER 04/2014
Text & Fotos: Klaus Schneiders