Formel R1000-Pilot Reinhard Gerbert

Der rasende Großvater

Der 74-jährige Berliner hat noch den Krieg erlebt und fährt gegen Gegner, die jünger sind als seine Töchter. In dieser Saison fährt Reinhard Gerbert wieder um die Europameisterschaft.

Ein Fahrrad, ein Laufband, vielleicht noch ein paar Sportgeräte, so hatte sich Evelyn Gerbert das eigentlich vorgestellt. In ihrem schönen Einfamilienhaus unten im Keller, gleich neben der selbstgebauten Sauna, in der kleinen Kammer, so sechs, sieben Quadratmeter groß, genau da hatte sie sich einen Fitnessraum einrichten wollen. Jetzt, wo sie endlich im Ruhestand ist. In Rente mit 63. Aber am Ende blieb es nur ein schöner Traum, denn für die Geräte war kein Platz. Den Platz brauchte ihr Mann, der Reinhard. Platz für seine Pokale. Manchen Sportlern genügt am Ende ihrer Karriere eine Ablage für ihre Trophäensammlung, anderen ein kleines Kästchen, oder, wenn sie wirklich gut waren, muss auch eine Vitrine her. Reinhard Gerbert braucht gleich ein ganzes Zimmer. Es sind an die 80 Pokale, die sich angesammelt haben im Lauf der Jahrzehnte, für seine großen Erfolge im Motorboot-Rennsport. Pokale, die er nun alle hier unten deponiert hat. Auf dem Boden und in Wandregalen, ohne die ganzen Urkunden und Ehrennadeln. Die haben einen ganz eigenen Platz, in einem Schrank neben der Treppe. Auszeichnungen vom »Aktivist der sozialistischen Arbeit« über den »Meister des Sports« bis hin zum »Silbernen Lorbeerblatt«. Das letztere bekam er 2008. Es ist die höchste Auszeichnung im deutschen Sport, verliehen wird das Lorbeerblatt vom Bundespräsidenten, das war damals noch Horst Köhler. Köhler aber hatte keine Zeit, darum musste Schäuble ran. Reinhard Gerbert traf auch bekannte Sportler, Springreiter Ludger Beerbaum etwa. Beerbaum gilt als großer alter Mann des Springreitens. Beerbaum könnte Gerberts Sohn sein. Gerbert hat auch viele Fotos und Erinnerungsstücke, etwa an seinen ersten großen Erfolg, den Triumph bei der DDR-Meisterschaft 1979. Da war Reinhard Gerbert auch schon 39. Und damit damals schon älter als viele seiner Gegner, gegen die er heute fährt. Kontrahenten, die jünger sind als seine Töchter. Gerbert selbst ist 74 und fährt immer noch. Natürlich geht er auch diese Saison wieder in der Europameisterschaft an den Start, bei den vier EM-Läufen in der Formel R1000. »Er hat mir versprochen, dass er bald aufhört«, meint Evelyn Gerbert, dann lächelt sie und fügt hinzu: »Aber das sagt er seit 20 Jahren.« Reinhard Gerbert, das Urgestein, das Phänomen. Zweimaliger Weltpokalsieger, fünffacher Europameister. 13 Mal war er nationaler Meister, fünf Titel gewann er zu Ostzeiten, acht gesamtdeutsche nach der Wende. Er hat den Krieg noch miterlebt, er hat eine Frau, zwei Kinder, zwei Enkel, seine Boote fahren mit Tempo 160. Reinhard Gerbert, der rasende Opa.

Den ganzen Artikel lesen Sie in SKIPPER 03/2014
Text: Florian Kinast

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