Junges Schiff mit Vergangenheit
Ihren Dienst wird die MS Azores im Frühjahr aufnehmen und ist damit ein recht junges Kreuzfahrtschiff, allerdings eines mit sehr bewegter Vergangenheit. Erbaut wurde sie bereits im Jahre 1946.
Als »MS Stockholm« lief das Schiff in Göteborg vom Stapel und nahm zwei Jahre später den damals üblichen Liniendienst zwischen Europa und den USA auf. Flugreisen standen noch nicht hoch im Kurs und waren meist unerschwinglich. Die »Stockholm« verkehrte regelmäßig zwischen dem Heimathafen Göteborg und New York. Bereits 1952 wurde sie erstmals umgebaut und wies dann 12.644 BRT auf. An Bord hatten 86 Passagiere in der 1. Klasse Platz und 584 in der Touristenklasse. Drei Jahre später wurde ein Kinosaal errichtet und bis dahin verfügbarer Laderaum anderweitig genutzt. In die Schlagzeilen der internationalen Presse geriet sie am 25. Juli 1956. In einer Nebelbank vor der Insel Nantucket kollidierte sie auf dem Weg von New York nach Göteborg mit dem italienischen Atlantik-Liner »Andrea Doria«. Die »Stockholm« wurde am Bug schwer beschädigt, blieb aber schwimmfähig. Anders die »Andrea Doria«, die mittschiffs getroffen wurde. Mehrere Schottwände brachen, das Schiff sank elf Stunden nach der Havarie und riss 46 der 1.706 an Bord befindlichen Menschen mit auf den Meeresgrund. Auch auf der »Stockholm« beklagte man fünf Tote. Die 1951 erbaute und 1953 in Dienst gestellte »Andrea Doria « war das damals größte Schiff der italienischen Flotte. Am Unglückstag herrschte im Seegebiet vor Nantucket dichter Nebel. Beide Schiffe waren mit Radar und Funk ausgerüstet, die Schiffsführungen begingen aber einen eklatanten Fehler. Zwar beobachtete man den Radarschirm, doch ein Funkkontakt wurde nicht hergestellt. Während die »Andrea Doria« ihren Kurs nach Backbord änderte, um die »Stockholm« an Steuerbord zu passieren, ging diese fast zeitgleich um 20 Grad nach Steuerbord. Man wollte den Entgegenkommer an Backbord passieren. So waren beide Schiffe auf einem verhängnisvollen Kollisionskurs. Als im Nebel dann Sichtkontakt möglich war, gab es keine Zeit mehr zu reagieren. Da beide Schiffe etwa 20 Knoten schnell waren, muss der Aufprall enorm gewesen sein. Der für Eisfahrten eigens verstärkte Bug der »Stockholm« schlitzte den Rumpf der »Andrea Doria« auf. Diese bekam daraufhin starke Schlagseite, was das Aussetzen eines Teils der Rettungsboote unmöglich machte. In der Nähe befindliche Schiffe näherten sich rasch dem Unglücksort und bargen die Überlebenden. Auch die »Stockholm« nahm einen Teil der Schiffbrüchigen auf und kehrte nach New York zurück, wo sie bis November ein neues Vorschiff erhielt. Ganz so entspannt wie Udo Lindenberg es später in seinem Lied besang, war das Leben an Bord der »Andrea Doria« dann doch nicht, zumindest nicht auf ihrer letzten Fahrt. Für die »Stockholm« brach bald darauf eine stürmische Zeit mit stets wechselnden Reedern an.
Den ganzen Artikel lesen Sie in SKIPPER 03/2014
Text: Klaus Schneiders, Foto: Ambiente Kreuzfahrten